17. SONNTAG im Jahreskreis

 

Evangelium nach Lukas (11,1‑13)

 

„Jesus, lehre uns beten.“ Eine merkwürdige Bitte, wenn wir bedenken, dass es üblich war, drei Mal am Tage die offiziellen jüdischen Gebete zu sagen. Jesus wird das schon auch getan haben. Aber etwas war bei ihm anders. Deswegen die Frage. Die Antwort von Jesus ist das uns allen bekannte „Vater Unser“. Will Jesus seinen Freunden da noch einen Gebetstext mehr geben, damit sie auch ihn auswendig nachsagen?

 

Jesus gibt ihnen nicht einfach einen neuen Gebetstext, sondern will ihnen die innere Haltung erklären mit der sie beten sollen. Hinter den Worten des Vater Unsers steckt eine innere Einstellung mit der wir uns an Gott wenden sollen.

 

Vater unser. Lieber Vater!“ Dieser Anfang ist schon etwas Neues. Gott, Jahwe, so familiär, so vertraulich ansprechen, war nicht üblich. Gott mit einem liebenden, liebenswürdigen Vater vergleichen, bei dem man sich geborgen fühlt. Oder wie mit einer liebenden Mutter - aber in der damaligen patriarchalen Gesellschaft war das nicht möglich - obwohl es im Alten Testament, in der jüdischen Bibel, einige Stellen gibt, wo Gott mütterliche Eigenschaften zugeschrieben werden. Darüber hinaus sagt Jesus: „Vater unser.“ Er ist nicht nur mein, sondern auch dein, unser Vater, wodurch wir uns zu Geschwistern erklären.

 

Und wer ist dieser Vater für uns? Einer, der uns unheimlich wichtig ist - so wie wir sagen, dass etwas uns „heilig“, also unantastbar, unendlich wertvoll ist. Sein Name - und Name steht hier für Person - soll respektiert und geehrt werden. Sein Wirken, sein Einflussbereich soll sich immer weiter in dieser Welt verbreiten. Dein Reich komme. Und zwar sowohl in uns als auch durch uns: Dort wo wir nach seinen Vorstellungen handeln und leben, dort geschieht sein Wille. Dort wo wir lieben, wirkt Gott in und durch uns, denn Gott ist Liebe. So schätzen wir Gott ein, so drücken wir aus, wer Gott für uns ist.

 

Aber Gott als liebendem Vater dürfen wir auch unsere tiefsten Bedürfnisse anvertrauen. Nicht als Wünsche, die er unbedingt erfüllen soll. Gott ist nicht wie ein Getränkeautomat, wo wir eine Münze einwerfen und dann das Getränk bekommen, das wir uns ausgewählt haben. Wir vertrauen ihm unsere Bedürfnisse, unsere Hoffnungen und Erwartungen an, so wie wir es einem Menschen gegenüber tun, den wir gerne haben - ohne zu erwarten, dass er uns alle unsere Wünsche erfüllt. Aber es tut gut, es ihm gegenüber aussprechen zu können. Gott weiß, ja was wir brauchen.

 

Deswegen: Wir wünschen uns unser tägliches Brot, das was wir täglich zum Leben brauchen - nicht weniger, aber auch nicht mehr, als nötig ist. Damit drücken wir Gott gegenüber unsere Bescheidenheit aus. Und weil wir wissen, dass Gott uns unsere immer unsere immer wiederkehrenden Fehler verzeiht und wie gut das tut, möchten wir das auch bei unseren Mitmenschen, unseren Geschwistern, machen. Und da wir nun einmal Menschen sind mit der Neigung, schwach zu werden und nachzugeben wenn wir uns angesprochen und angezogen fühlen von Dingen, von denen wir zwar wissen, dass sie nicht gut für uns oder für andere sind, aber die trotzdem einen starken Reiz haben, weil sie Spaß und Vorteil versprechen. Gott soll uns die Kraft geben, zu wiederstehen. Er soll uns nicht allein lassen in bösen Situationen, sondern uns stärken, damit wir sie durchstehen können.

 

In diesem Zusammenhang haben mich zwei Aussagen beeindruckt: „Ich glaube nicht an einen Gott, der mich vor der Gefahr rettet, sondern mit mir in der Gefahr ist; der mich nicht vor dem Tod bewahrt, sondern im Tod bewahren wird.“ Und: „Wer betet, wird anders. Das Gebet ändert nicht die Welt, sondern den Menschen. Und dieser Mensch ändert die Welt.“

Und Jesus beschließt: „Wende dich mit dieser Einstellung an Gott, klopfe immer wieder bei ihm an. Er wird dir seinen Geist, seine Lebenskraft schenken.

 

Ein mir unbekannter Autor schreibt es so:

Wenn du betest, sei stumm oder mache viele Worte – ganz wie du es willst.

Danke, preise, juble, frohlocke, bitte, bettele, klage, flehe, weine, ringe, kämpfe.

Bete im Verborgenen, im Kämmerlein oder in der Kirche, auf dem Weg zur Arbeit, im Auto, in der Natur.

Bete allein, zu zweit, in der Familie oder mit Freunden.

Bete kurz oder lang, mit vorgegebenen Texten oder deinen eigenen Worten. Bete, wie du es willst und was du willst.

Bitte Gott oder danke ihm, frage ihn oder mache ihn auf etwas aufmerksam, staune über Gott oder entrüste dich über ihn, klage ihn an oder bete ihn an, aber gib ihm auch Gelegenheit, zu dir zu sprechen.

Sprich mit Gott von deinem Leben, von deinen Plänen, von deinen Sorgen, von deinen Freunden, von deinen Befürchtungen, von allem, was dich bewegt. Vertraue dich ihm an. Er wird bei dir sein.

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